Verweisung der Sache – Artikel 15
- Artikel 15 stellt eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz dar, dass das zuerst angerufene Gericht in der Sache entscheiden wird, wenn es nach der Verordnung zuständig ist.
- Artikel 15 berücksichtigt Situationen, in denen es sich empfiehlt, die Sache in einem anderen Mitgliedstaat zu verhandeln, zu dem die Streitsache einen wesentlichen Bezug aufweist. Es handelt sich dabei jedoch um eine genau geregelte Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift, die streng auszulegen ist.
Es muss nachgewiesen werden, dass:
- die Sache an ein Gericht eines anderen EU-Mitgliedstaats verwiesen werden sollte, das den Fall besser beurteilen kann
- das Kind eine besondere Bindung zu dem anderen Mitgliedstaat hat, weil entweder:
o das Kind dort seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatte
o das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzt
o ein Träger der elterlichen Verantwortung dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
o oder – in Streitsachen, die das Vermögen des Kindes betreffen – sich dieses Vermögen im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet
- die Verweisung dem Wohl des Kindes entspricht
Die Voraussetzungen von Artikel 15 sind kumulativ, das heißt, dass nachgewiesen sein muss, dass alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, bevor das Gericht der Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtssystems zustimmen wird. Je enger die Bindung des Kindes zu dem anderen Rechtssystem ist und je stärker der Bezug ist, den die Streitsache zu dem Rechtssystem aufweist, desto wahrscheinlicher ist es, dass dieses Gericht den Fall besser beurteilen kann, und dass eine Verweisung dem Wohl des Kindes entsprechen wird.